31 Dezember 2005

San Silvestri

Da geht es hin, das Jahr 2005 nach unserer Zeitrechnung. Wären wir in China verliesse uns 4703, Jahr des Hummers, wenn auch erst am 29. Januar 2006. Für viele ist der Jahreswechsel ein epochales Ereignis. Für mich eher mühsam, klar es gibt wieder mal so richtig Party, hoffe ich zumindest. Aber danach die Zeit bis man sich endlich dran gewöhnt hat nicht mehr 2005 sondern 2006 zu schreiben, obwohl ich gedanklich immer noch irgendwo im 99 rumhänge.

Champagner mag ich nicht. Dieses prickelnde, süsslich herbe Rauschschmiermittel, bereitet mir Kopfschmerzen. Kein Wunder wird das Zeugs an Silvester regelmässig gratis ausgeschenkt und natürlich werde ich wieder nicht widerstehen können und irgendwann wie eine Biene auf Speed, benebelt vom Bonzenbier, Stuss lallen.
Freifuselchampagner, das beste Mittel für lang anhaltende Kopfschmerzen. Vor kurzem wurden die Weltweit teuersten Champagnerflaschen versteigert. 4000 Dollar pro Flasche Dom Pérignon, Jahrgang 1921. Wer kauft sich so was? Reiche Protzen, Liebhaber edler Tröpfchen? Ist das eine kultiviertere Version des Peniswahns, der sich ausnahmsweise nicht in einer gewaltigen Karre entlädt? Gibt es irgendwo einen reichen Sonderling, der es sich jeden Silvester in seiner Schlossstube mit einer Zigarre für 135 Dollar (Arawak President) in der Einen und Dom Pérignon in der andern Hand vor dem Fernseher gemütlich macht und „Dinner for One“ schaut?

Neuerdings kann man sich den Kultfilm sogar ins Haus holen. Laut der Basler Zeitung bieten sich einige Laiendarsteller an bei zahlenden Kunden zu Hause die ganze Performance des trunkenen Butlers live vorzuspielen. Dabei konnte ich bereits nach einem Mal nicht verstehen, was jetzt an diesem Einzeldinner dermassen lustig sein soll. Und das bei der offiziellen Profi Version, da will ich gar nicht wissen, wie so ein Möchtegern-Frinton über diesen bescheurten Bettvorleger stolpert. Schrulliger Pérignon-Milliardär müsste man sein, dann könnte man sich wenigstens Ian McKellen als Hauptdarsteller ins Haus holen. Schliesslich sieht der bereits als Gandalf wie ein Alkoholiker aus; das passt.

2005 Welch mystische Zahl, was für ein Jahr! Sowohl Weltpolitisch, wie auch persönlich. Menschen starben, andere wurden geboren, Liebesbeziehungen zerbrachen, möglicherweise entstanden auch Neue, Kriege begannen, das Klima spielte verrückt, Politiker schwatzen blöd rum. Es war also alles wie immer. Nichts ändert, nichts passiert, nichts hat Bestand. Oder trauert irgendwer noch Arafat nach oder Johannes Paul nach? Wen interessiert’s? Wen kümmert die Vergangenheit? In die Zukunft müssen wir blicken! Vorausplanen und nicht sentimental zurückschauen.

Da frage ich mich aber, wo bleibt die Gegenwart, das Jetzt? Weshalb feiern wir den Anbruch eines neuen Jahrs? Warum nicht den Anbruch einer neuen Sekunde? Jederzeit kann etwas total Unvorhergesehenes passieren, das wirklich zu feiern lohnt. Eigentlich liebe ich das Leben wirklich, aber es ist schwierig zu geniessen, wenn man nicht einfach spontan vor sich hin, von mir aus nennt es vegetieren, darf. Die Zeit war schon immer mein grösster Feind oder besser gesagt das, was wir aus ihr gemacht haben. Eine enge Einteilung in Sekunden, Minuten, Wochen, Monate, Jahre, sogar Jahrtausende. Wir unterjochen uns freiwillig, indem wir definieren, wann wir essen, schlafen, ficken oder Fern sehen sollen.

Und bloss weil jetzt Neujahr ist, heisst das, dass ich etwas neu anfangen soll? Mir Vorsätze vornehmen soll? Als ich mit meiner Ex zusammen kam und als sie mich verliess oder das Ende meiner ausbildung, das waren Neuanfänge und Umstellungen. Da kann man sich was vornehmen. Aber nicht wegen eines von Julias Cäsar um 45 vor Christus eingeführten Kalenders. Faszinierende Tatsache, die Jahre definieren sich anhand Christi Geburt und die Einteilung anhand der Römer. Wenn die Chinesen weiterhin derartig expandieren, nehmen wir sie vielleicht auch noch mit in den Kalender. Möglicherweise für die Einteilung der Tage. Stunden sind sowieso bescheuert. Das Dezimalsystem bleibt auf der Strecke.

Bald ist es soweit, die Uhr schlägt, die Party beginnt. Menschen werden einen Tag älter. 2006 ich warte. Wir alle warten! Feiernd. Das wird mein erstes Silvester in Basel. Das Millennium verbrachte ich noch Pingpong spielend im Jura, die anderen Jahreswechsel irgendwo in den Bergen. Aber von der Zeit kann man ja doch nicht fliehen und hier habe ich meine trauten Freunde zu einem grossen Teil versammelt. Das ist doch einiges! Party on...

Alltagsfiesta

Die Unruhe hatte mich wieder einmal gepackt. Zuerst mit Freunden in dieses seltsame Campingzelt der Campari Bar, das Innen so ausgestattet ist, dass man locker einen Gala Empfang bereiten könnte. Inklusive gekühltem Champagner und Austern auf einem eigenen Tischchen. Und wir verloren in einer Ecke auf wundervoll aussehenden, aber brutal unbequemen Sesseln sitzend, jeder ein Bier vor sich. Carlsberg; seit London hasse ich dieses Gebräu. Aber besser als nichts und deshalb runter mit!

Leider viel zu klein. Ich wüsste gern, welcher Idiot auf die Idee gekommen ist, Bier im Offenausschank auf einen Viertelliter zu verkleinern. Das ist keine Portion, das ist ein Fliegenschiss! Scheiss auf Eleganz, klotzen statt kleckern.

Aber wir sind ja schliesslich nicht auf den Kopf gefallen; deshalb Griff in die Tasche, und unterm Tisch nachfüllen. So geht das! Zwei Kleine ergeben ja wieder ein Grosses und neben all diesen Cüpli-Idioten muss man ja so vorgehen als kleiner Revolutionär. Fickt die Lokalprominenz und liefe mir die Oeri über den Weg, dann würde ich ihr meinen Sessel um die blondierten Haare schlagen.

Die Heizung, ein Standgebläse in der Zeltecke, ist dermassen heiss, dass man ein Würstchen dran braten könnte. Muss so sein, um ein Zelt, das mehr Kälte rein, als Wärme drin lässt, heiss genug zu halten, so dass sich die Gäste auch wohl fühlen. Soviel zum Thema Energieverbrauch in der Gastronomie. Zeit für die Initiative „ein eigenes Atomkraftwerk für Basel“. Den Überschuss, falls es denn welchen gibt, verkaufen wir Deutschland zu wundervollen Konditionen, darüber vergessen sie dann die Zollfreie und auch die Grünen hätten was zu feiern. Kaiseraugst darf sich so schliesslich nicht wiederholen, noch mehr angepasste Altlinke, bremsen sowohl den Kapitalismus, wie auch alternative Gesellschaftsformen. Das bringt nichts, entweder randalierende Jugendliche oder anzutragende Bankiers, aber eine Mischung funktioniert so nicht. Das hat bereits der Joschka bewiesen.

Nachdem wir eine gute Stunde da gesessen hatten, heiter, über Frauen, filme und Silvester diskutierend, löste sich die Gruppe auf. Das hiess für mich, raus in die Kälte und erst mal neu sammeln. Es war wirklich arschkalt. Also Stärkung, Coop Pronto, schwupps, ein formschönes Feldschlösschen in der Flasche gschnappt. Obwohl sie von Carlsberg aufgekauft wurden, noch immer meine Erste Wahl nach den naturtrüben Biobieren. Das war ich also, der rastlose, unzufriedene Säufer aus Passion, durch die Strassen der Innerstadt wandernd, auf der Suche nach irgendeinem Ereignis, das mich aus der Lethargie des Alltags befreien könnte.

Nichts passierte, meine leere Flasche endete in einem dieser viel zu kleinen, durchgestylten Müllaufbewahrungsbehältern am Strassenrand. Die Freie Strasse, sozusagen der Kudamm von Basel lag leer vor mir. Kein Licht, keine Menschen. Einkaufszeit ist vorbei, jetzt begibt sich die Allgemeinheit entweder vor den Fernseher oder in ein Café. Obwohl das Niveau und der Unterhaltungswert beider etwa gleich gross sind, so lockt doch das Café mehr, weil näher.

Also in den roten Engel, das einzige Café, das gute Produkte und eine intime Atmosphäre besitzt. Ideal um alleine hinzugehen, denn man kann den andern Gästen zuhören.

Nicht mit passiv heute, ich musste, oder wollte vielleicht, aktiv ran. Da sassen bereits drei weibliche Kumpels von mir an einem Vierertisch in trauter Runde, bereit mich aufzunehmen. Wunderbar. Ich liebe Unterhaltung. So sass ich jetzt an einem gemütlicheren Ort mit anderen Leuten und vor allem mit richtigem Bier (Tannzäpfchen aus dem Schwarzwald) an einem richtigen Tisch und nicht so einem Clubtischchen, auf dem gerade mal ein Glas Champagner und eine winzige Portion Erdnüsse Platz haben. Eigentlich gemütlich und ich fühlte mich auch wohl, begann damit Witze über die Kantone und Dialekte zum Besten zu geben, betonte wie primitiv Harry Potter im vergleich zu Momo sei. Ich glaube ich war relativ verletzend, wenn man mich ernst genommen hätte. Aber wer derartigen Blödsinn ernst nimmt ist selber schuld.

Ich glaube das nennt man Entertainment oder so was. Hat nicht wirklich viel mit einem Gespräch zu tun, wenn man den anderen nicht zuhört und auch wenn man keine Ahnung hat trotzdem weiter redet. So gesehen habe ich das Fernsehen in ein Café gebracht. Keine schlechte Leistung, nur ist eine Late Night Talkshow in einer Viererrunde wohl ziemlich fehl am Platz. Aber eigentlich ist mir das egal. Ich konnte wieder mal absolut politisch unkorrekt, asozial und abstossend sein. Auch das ist zwingend nötig, sonst komme ich mir vor wie eine zu lang gekochte Spaghetti. Schlaff und weich.

30 Dezember 2005

Schnee

Nicht nur in Goldküstennäschen, nein auch in Basel gibt es dann und wann Schnee. Zwar eher wann als dann, aber immerhin...


29 Dezember 2005

Alte Gedanken neu Präsentiert

Vom Papier ins Netz

Da sass ein Frau mit ihrem Sohn. Und irgendwie erinnerte sie mich an die Christiane F. vom Bahnhof Zoo. Sie sah zerfurcht und alt aus. Ihr Sohn, wenn er es denn war und nicht irgendein Neffe oder Liebhaber schien verloren in diesem grossen Café an seinem Sinalco nippend. Offensichtlich war er Skater. Er hatte zumindest ein Skateboard dabei. Das hiess heutzutage zwar nichts mehr, aber seines war zerkratzt.

Sie taten so, als würden sie sich unterhalten. Münder öffneten sich, Zungen formten Vokale und Lippen gaben dem ganzen einen Rhytmus, aber der Geist hatte nichts damit zu tun. Die Worte formten sich automatisch aus der Gewohnheit raus. Es gibt nichts schlimmeres als Schweigen zu müssen, wenn men nichts zu sagen hat. Deshalb erfand der Mensch die Zivilisation. Als riesiges Auffangbecken für jede Lebenslage.

scheiss Blogs

Ich hasse Blogs.
Das ist nur was für selbstdarstellende Idioten, denen die Fantasie fehlt was Eigenes zu machen. Also für solche wie mich. Und dann sind die Einträge auch noch nach Datum geordnet. Was interessiert mich ein einzelner Scheisstag?!

Trotzdem ein Blog? JAWOHL! Genau darum. Warum kann man nicht einfach etwas beschissen finden und es dann trotzdem machen? Ihr nennt das inkonsequent, ich nenn es ehrlich. All diese möchtegern Stadtneurotiker oder Landnüsse wollen individuell sein, irgendwie auffallen, nur damit sie für sich selbst eine Begründung für ihre (natürlich viel zu kurze) Existenz haben. Das finde ich wirklich sehr löblich und kann ich auch nachvollziehen. Aber diese Welt ist mit gut 7 Milliarden Menschen bevölkert. Da gibt es keine Individualität. Da macht eh jeder dasselbe. Also kann ich auch grad so gut wie alle anderen ein Blog führen. auch wenn es ins Nichts führt.

Was ich noch sagen wollte. hier werden sich vielleicht irgendwelche Gedankenfragmente von mir finden. Nicht weil ich will, dass ihr die Lesen könnt, auch wenn ihr dürft, macht eh kein unterschied, wird sowieso beim nächsten Harry Potter Grosspektakel vergessen, sondern weil ich die ja auch irgendwie speichern muss und lose Blätter sind noch bescheuerter als Datumsgeordnete Blogs. So long Hasi...