Alltagsfiesta
Die Unruhe hatte mich wieder einmal gepackt. Zuerst mit Freunden in dieses seltsame Campingzelt der Campari Bar, das Innen so ausgestattet ist, dass man locker einen Gala Empfang bereiten könnte. Inklusive gekühltem Champagner und Austern auf einem eigenen Tischchen. Und wir verloren in einer Ecke auf wundervoll aussehenden, aber brutal unbequemen Sesseln sitzend, jeder ein Bier vor sich. Carlsberg; seit London hasse ich dieses Gebräu. Aber besser als nichts und deshalb runter mit!
Leider viel zu klein. Ich wüsste gern, welcher Idiot auf die Idee gekommen ist, Bier im Offenausschank auf einen Viertelliter zu verkleinern. Das ist keine Portion, das ist ein Fliegenschiss! Scheiss auf Eleganz, klotzen statt kleckern.
Aber wir sind ja schliesslich nicht auf den Kopf gefallen; deshalb Griff in die Tasche, und unterm Tisch nachfüllen. So geht das! Zwei Kleine ergeben ja wieder ein Grosses und neben all diesen Cüpli-Idioten muss man ja so vorgehen als kleiner Revolutionär. Fickt die Lokalprominenz und liefe mir die Oeri über den Weg, dann würde ich ihr meinen Sessel um die blondierten Haare schlagen.
Die Heizung, ein Standgebläse in der Zeltecke, ist dermassen heiss, dass man ein Würstchen dran braten könnte. Muss so sein, um ein Zelt, das mehr Kälte rein, als Wärme drin lässt, heiss genug zu halten, so dass sich die Gäste auch wohl fühlen. Soviel zum Thema Energieverbrauch in der Gastronomie. Zeit für die Initiative „ein eigenes Atomkraftwerk für Basel“. Den Überschuss, falls es denn welchen gibt, verkaufen wir Deutschland zu wundervollen Konditionen, darüber vergessen sie dann die Zollfreie und auch die Grünen hätten was zu feiern. Kaiseraugst darf sich so schliesslich nicht wiederholen, noch mehr angepasste Altlinke, bremsen sowohl den Kapitalismus, wie auch alternative Gesellschaftsformen. Das bringt nichts, entweder randalierende Jugendliche oder anzutragende Bankiers, aber eine Mischung funktioniert so nicht. Das hat bereits der Joschka bewiesen.
Nachdem wir eine gute Stunde da gesessen hatten, heiter, über Frauen, filme und Silvester diskutierend, löste sich die Gruppe auf. Das hiess für mich, raus in die Kälte und erst mal neu sammeln. Es war wirklich arschkalt. Also Stärkung, Coop Pronto, schwupps, ein formschönes Feldschlösschen in der Flasche gschnappt. Obwohl sie von Carlsberg aufgekauft wurden, noch immer meine Erste Wahl nach den naturtrüben Biobieren. Das war ich also, der rastlose, unzufriedene Säufer aus Passion, durch die Strassen der Innerstadt wandernd, auf der Suche nach irgendeinem Ereignis, das mich aus der Lethargie des Alltags befreien könnte.
Nichts passierte, meine leere Flasche endete in einem dieser viel zu kleinen, durchgestylten Müllaufbewahrungsbehältern am Strassenrand. Die Freie Strasse, sozusagen der Kudamm von Basel lag leer vor mir. Kein Licht, keine Menschen. Einkaufszeit ist vorbei, jetzt begibt sich die Allgemeinheit entweder vor den Fernseher oder in ein Café. Obwohl das Niveau und der Unterhaltungswert beider etwa gleich gross sind, so lockt doch das Café mehr, weil näher.
Also in den roten Engel, das einzige Café, das gute Produkte und eine intime Atmosphäre besitzt. Ideal um alleine hinzugehen, denn man kann den andern Gästen zuhören.
Nicht mit passiv heute, ich musste, oder wollte vielleicht, aktiv ran. Da sassen bereits drei weibliche Kumpels von mir an einem Vierertisch in trauter Runde, bereit mich aufzunehmen. Wunderbar. Ich liebe Unterhaltung. So sass ich jetzt an einem gemütlicheren Ort mit anderen Leuten und vor allem mit richtigem Bier (Tannzäpfchen aus dem Schwarzwald) an einem richtigen Tisch und nicht so einem Clubtischchen, auf dem gerade mal ein Glas Champagner und eine winzige Portion Erdnüsse Platz haben. Eigentlich gemütlich und ich fühlte mich auch wohl, begann damit Witze über die Kantone und Dialekte zum Besten zu geben, betonte wie primitiv Harry Potter im vergleich zu Momo sei. Ich glaube ich war relativ verletzend, wenn man mich ernst genommen hätte. Aber wer derartigen Blödsinn ernst nimmt ist selber schuld.
Ich glaube das nennt man Entertainment oder so was. Hat nicht wirklich viel mit einem Gespräch zu tun, wenn man den anderen nicht zuhört und auch wenn man keine Ahnung hat trotzdem weiter redet. So gesehen habe ich das Fernsehen in ein Café gebracht. Keine schlechte Leistung, nur ist eine Late Night Talkshow in einer Viererrunde wohl ziemlich fehl am Platz. Aber eigentlich ist mir das egal. Ich konnte wieder mal absolut politisch unkorrekt, asozial und abstossend sein. Auch das ist zwingend nötig, sonst komme ich mir vor wie eine zu lang gekochte Spaghetti. Schlaff und weich.
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